Bioshock Infinite im Test: Dystopisch über den Wolken
In Bioshock Infinite geht es nicht in eine bizarre Unterwasser-Welt, sondern hoch in die Luft, in die fliegende Stadt Columbia. Ansonsten bleiben sich die Entwickler weitgehend treu, auch wenn der beklemmende Eindruck in Columbia etwas später einsetzt als in Rapture. Dafür allerdings mit Nachdruck, wenn die utopisch anmutende Stadt in den Wolken ihre hässliche Fratze hinter der schönen Fassade offenbart.
Über den Wolken
Bioshock Infinite ist der dritte Ableger der bekannten First-Person-Shooter-Reihe, allerdings kein direkter Nachfolger der vorangegangenen Titel. Genau genommen spielt das Geschehen in Bioshock Infinite sogar gute 50 Jahre vor den Geschehnissen des ersten Teils der Trilogie. Und eigentlich ist die Geschichte auch vollkommen losgelöst und bietet praktisch keine Verbindung zu den Vorgängern.
Schauplatz ist die fliegende Stadt Columbia, geführt von einem religiösen Prediger, der sich selbst Vater Comstock nennt. Und der erste Eindruck ist mehr als erfreulich. Die Stadt wird bevölkert von scheinbar unbeschwerten Menschen, die in einer utopisch wirkenden Stadt leben. So gibt es beispielsweise einen Laden ohne Verkaufspersonal. Die Waren liegen frei in den Regalen und ein kleines Schild neben einem Behälter weist darauf hin, dort Münzen rein zu werfen, wenn man etwas aus dem Laden mitnimmt. Ein Konzept, das auf Vertrauen basiert. In einer Stadt.
Dieser positive erste Eindruck dreht jedoch bald, wenn man dahinter kommt, unter welchen Voraussetzungen die Stadt überhaupt funktioniert. Neben der glücklichen Oberschicht gibt es eine unglückliche Unterschicht und in dieser brodelt es gewaltig.
Bioshock Infinite als Shooter mit glaubwürdigen Charakteren
Die Geschichte und die Atmosphäre im Laufe des Spiels ist dabei auch das absolute Highlight von Bioshock Infinite. Man wird geradezu in einen Rausch hinein-gesogen und erlebt das Geschehen wie in einer unausweichlichen Spirale von Ereignissen. Die einzelnen Handlungen der Charaktere wirken, weil man sie im Detail kennen lernt, nachvollziehbar und durchdacht. Überhaupt schaffen die Entwickler es, lebendige und glaubwürdige Charaktere zu erstellen und um diese herum das Spiel zu weben.
Als First-Person-Shooter macht Bioshock Infinite seine Sache ebenfalls gut, weil die einzelnen Waffen wirken, als wären sie irgendwie aus der Zeit gefallen. Was sie ja im Grunde auch sind, denn der Shooter spielt im Jahr 1912. Alles hat einen gewissen Steampunk-Einfluss und bekommt dadurch eine besondere Note. Hinzu kommt, dass die Waffen sich tatsächlich voneinander unterscheiden und dadurch eine gewisse eigene Persönlichkeit erhalten.
Natürlich ist auch die Bioshock-Besonderheit wieder dabei. So können Spieler auf übernatürliche Fähigkeiten zurückgreifen. Und erneut sind dafür geniale Erfinder verantwortlich, die besondere Flüssigkeiten entwickelt haben, mit denen man sich diese Fähigkeiten aneignen kann. Anders als noch in Rapture sind diese Wunderdrogen jedoch nicht der Grund für den Zusammenfall des Systems. Grundsätzlich hätte Bioshock Infinite, rein vom geschichtlichen Standpunkt betrachtet, sogar auf diese Sonder-Fähigkeiten verzichten können.
Salz statt ADAM
Aufgeladen werden die Fähigkeiten durch Salze. Diese lassen sich wiederum über Nahrungsmittel oder auch durch besondere Fläschchen regenerieren. Gleiches gilt für die Lebenspunkte. Spieler können diese jedoch nicht mit sich herumtragen, sondern lediglich direkt einsetzen. Anders sieht es da mit Munition und Kleidung aus. Im Laufe des Spiels können Spieler in Bioshock Infinite zahlreiche Kleidungsstücke finden und diese zu jeder Zeit wechseln.
Diese geben besondere Boni, wie beispielsweise die Fähigkeit, Gegner mit Nahkampf-Angriffen in Brand zu setzen. Außerdem kann man sich bei Verkaufsautomaten mit Unmengen an Munition eindecken. Allerdings ist der Munitionsvorrat für jede Waffe einzeln limitiert. Hier kann man jedoch gegensteuern, indem man bei wiederum anderen Verkaufsautomaten beispielsweise den Munitionsvorrat einer bestimmten Waffe aufwertet. Wiederum andere Automaten erlauben auch das Aufwerten der besonderen Fähigkeiten oder das Auffrischen von Lebenspunkten oder dem Salz-Haushalt. Das kostet jedoch Geld und das muss man zunächst in den Levels finden.
Forscherdrang in Bioshock Infinite
Insgesamt bietet Der First-Person-Shooter zahlreiche optionale Aufgaben oder Orte, zu denen man erst mal hinfinden muss. Hier lassen sich interessante Sachen oder auch einfach nur Geld erbeuten. Trotzdem ist Bioshock Infinite in seiner Präsentation sehr linear. Allerdings verstehen es die Entwickler das gekonnt zu überspielen, indem sie mitunter Gabelungen einsetzen – wobei dann zwar beide Wege abgelaufen werden müssen, aber der Eindruck entsteht, man habe ein wenig Bewegungsfreiheit.
Allerdings schaffen die Entwickler dadurch auch eine dichte Atmosphäre, da niemals die Gefahr besteht, sich in weitläufigen Arealen zu verlaufen. Und wenn man trotzdem mal nicht weiß, wo man hin muss, bietet Bioshock Infinite auch noch einen aktivierbaren Pfeil, der die vorgeschriebene Route auf dem Boden anzeigt. Interessant ist, dass eine weitere Besonderheit ebenfalls komplett auf Linearität zugeschnitten ist:
Columbia ist durchzogen von sogenannten Sky-Lines. Hierbei handelt es sich um ein Mono-Rail-System in dem Passagiere in Gondeln zwischen den einzelnen fliegenden Inseln von Columbia wechseln können. Als Spieler nutzt man die Sky-Lines ebenfalls, jedoch zumeist nicht an Bord einer Gondel, sondern mit Hilfe eines magnetischen Enterhakens. Dieser lässt sich auch an anderen metallischen Objekten einsetzen um an besondere Orte zu kommen oder Gegnern entkommen zu können. Außerdem kommt der Haken als brutale Nahkampf-Waffe zum Einsatz.
Bioshock Infinite überzeugt als Gesamtpaket
Als First-Person-Shooter ist Bioshock Infinite eine runde Sache. Die Geschichte ist sehr dicht erzählt und man nimmt Booker DeWitt, der Hauptfigur, und Elizabeth, einer mysteriösen, jungen Dame mit übernatürlichen Fähigkeiten, ihre Intentionen und Emotionen ab. Gerade Elizabeth durchlebt im Laufe der Geschichte eine großartige Wandlung und entwickelt sich spürbar weiter. Die Charakter-Entwicklung und auch die Emotionen des Spieler, dem jungen Mädchen gegenüber, werden behutsam ausgebaut. Elizabeth ist weit mehr als ein beliebiger Side-Kick für den Helden des Spiels.
Gerade Fans von ausgereiften und tendenziell eher düsteren Geschichten, werden mit Bioshock Infinite ihren Spaß haben. Spieler, die eher nach weitgehender Freiheit in einem Triple-A-Shooter suchen, sollte stattdessen einen Blick auf Far Cry 3 risikieren.
Weitere Informationen zu Bioshock Infinite
Die Entwickler-Seite zum First-Person-Shooter findet Ihr hier. Wenn Ihr euch das Spiel auf Steam kaufen wollt, folgt diesem Link. In Bioshock Infinite könnt Ihr den 1999-Modus aktivieren. Redakteure vom Magazin GameInformer.com haben herausgefunden, dass man hierfür den sogenannten Konami-Code im Start-Bildschirm eingeben kann. Auf dem Gamepad ist das Oben-Oben-Unten-unten-Links-Rechts-Links-Rechts und dann die Tasten B (Zurück) und A (Bestätigen). Alternativ wird dieser freigeschaltet,wenn man das Spiel komplett durchspielt.